Von Weissenfels aus, geht es wieder nach Süden und ich überquere auf der wunderschönen Weite der Hochebene wieder Tropic of Capricorn. In Nauchas fasse ich Wasser an der Polizeistation und werde gefragt, ob ich nicht Angst vor diesem Wetter hätte. Wir schauen nach draußen und ich antworte: das ist nur Regen und ich bin ja nicht aus Zucker ;-)
So geht's zum Spreets Hoogte Pass. Vom Sagenhören, der schönste Pass Namibias und ich sollte nicht enttäuscht werden. Wie ich an die Kante der Randstufe komme, öffnet sich die atemberaubende Weite der Naukluft Plains bei einem unwirklichen Wetterschauspiel! Ich sitze zwischen zwei Gewitterzellen im lauwarmen Regen, rechts und links von mir gehen Blitze nieder und geradeaus tobt ein ausgewachsener Sandsturm durch die Ebene… Gondwana lässt grüßen! So muss es auf dem Urkontinent ausgeschaut haben. Fehlt nur noch, dass ein paar Dinosaurier durch diese Szenerie fliegen aber man kann nicht alles haben ;-) Wie mir die Blitze zu sehr auf den Pelz rücken, fahre ich den zweit steilsten Pass Namibias (22%) ab und suche Schutz im Spreets Hoogte Camp. Ich teile mir den Spot mit zwei Urlaubern aus Südafrika und werde zu Bier und BBQ bei Sonnenuntergang geladen - man kann sogar mehr wie alles haben ;-) Nach einem traumhaften Sonnenaufgang beschenkt mich noch die Farmerin vom Camp mit Gemüse, weil's das die nächsten paar hundert Kilometer nicht gibt und wenn dann viel zu überteuert ist - das ist schon fast zu viel des Guten ;-) So geht es über Solitaire und den Tsondab Trockenfluss hinauf nach Naukluft im Naukluft Bergzebra Park. Uriger Camping nur muss man wegen der Paviane gut auf seine sieben Sachen achten. Am nächsten Tag sollte es bis nach Sesriem gehen, dem Tor zum Touristenzirkus Sossusvlie. Eigentlich ein 120 Kilometer Ritt doch es sollten nur 90 werden. Die erste Abkürzung nehme ich aus dem Park heraus. Ich folge einem Flussbett und schlüpfe mit Annie unterm Zaun hindurch und alle weiteren Tore auf den verwilderten Wirtschaftswegen sind nicht verschlossen. So kann ein Tag gut starten. Dann geht's den Tsauchab Trockenfluss entlang und die erste Abkürzung zollt ihren Tribut. Die Latexmilch im Vorderrad, ein halbes Jahr alt, will nicht mehr dichten. Stachel raus, frische Milch rein, Aufpumpen und weiter - ich liebe Tubeless! Es geht weiter durch die beeindruckenden Tsauchab Durchbrüche in den Naukluftbergen bis zu den Ländereien der Hoodia Desert Lodge. Hier verlasse ich die Schotterpiste und hau Annie über den Zaun. Ich folge auf kantigem Geröll einer Powerline querfeldein. Es schien mir einfach zu logisch, dass sie den Strom für Sesriem auf dem kürzesten Weg führen ;-) Toller Track oder besser gesagt, off the Track!
In Sesriem ist im Park der Camp ausgebucht obwohl es unendlich viele freie Stellfläche hat. Ich teile mir mit einem gut gewonnen Freund die Camperlaubnis und bekomme so noch einen Lift am nächsten Morgen 5 Uhr in der Früh die 70 Kilometer nach Sossusvlei zum Sonnenaufgang. Die Masse an allmorgendlich den Tsauchab hinunter ziehende Caravane pilgert auf die riesigen Dünen. Mich zieht es magisch in das sagenumwobene Dead Vlei. So schaue ich mir bei 4 Stunden klassischer Musik “The Best of Karajan” das Lichtspiel der steigenden Sonne an - skurril, bizarre und sensationelles Erlebnis! Wie sich dieses Amphitheater aus tonebener Tribühne umsäumt von rotem Rang mit 500 Jahre alten Statisten aus Relikten von Vegetation mit misteriösen tourismus Marionetten füllt, ergreife ich die Flucht! Nein - ich gehe bevor der Sand zu heiß für meine Flipflops wird! Nach solch einer Inszenierung hilft nur ein Drink im Pool ;-)
Diese Inszenierung war so gut, dass ich glatt noch einen weiteren Tag im Pool entspannen muss, bevor ich weiter nach Süden ziehe ;-) Wie ich Sesriem verlasse, bleibt nur der Wind und Karajan von dem einzigartigen Erlebnis. Es geht in Richtung der legendären D707 entlang der Namib. Die Wüste öffnet sich zwischen den Inselbergen und die Hitze steigt. Selbst die sonst schnell flüchtenden Oryx Antilopen verharren im Schatten des einzigsten Baumes am Straßenrand weit und breit. Die Geraden ziehen sich und 300 hm Anstiege verfließen in der flirrenden Hitze. Nur die Verkehrsschilder bieten Belustigung. Wie's bei uns nur ein Schild für Wildwechsel gibt, hat's hier eins für jede Spezies, wo Zebra drauf steht, gibt's auch eins zu sehen. Und bei “Wind” hat's Wind und bei “Sand” auch wirklich Sand. Wie ich die Sossusvlei- Namib Landschaft verlasse, rette ich noch einen Oryx aus dem Zaun und komm nach Betta das erste Mal in einen mittleren Sandsturm. Nicht lustig, wenn Ohren, Nase und Mund sich binnen von Sekunden mit Sand füllen. An der Farm Spes Bona fasse ich 20 Liter Wasser und bestaune den Kakteengarten bevor ich auf der D707 in den Sonnenuntergang radl. Der Morgen ist frisch und bei leichter Bewölkung steigt die kommende Hitze nicht ganz so schnell. Die ersten Kilometer sind recht ruppiges Wellblech aber dieses verwandelt sich schnell in schnelle Sandpiste wie sich die Weite der Namib vor mir öffnet. Der Sand trägt erstaunlich gut und ich bin doppelt so schnell unterwegs wie erwartet. Der ersehnte Buddel-Sandkasten bleibt aus und ich stoppe am zeitigen Nachmittag an der Gunsberry Farm weil mir diese schöne Landschaft zu schnell an mir vorbei zieht. Mit Blick auf die Tirasberge sitze ich bei kühlem Bierchen Stundenlang mit dem Farmer und wir unterhalten uns über sanften Tourismus, Kochen mit Solarkocher und Garkisten, Ökonomie der Landwirtschaft im Vergleich Deutschland und Namibia und natürlich auch über Klima, Wetter und Regen… Zitat: “...das braune da hinten am Horizont, das ist meine Weide”. Gegen Dämmung drehte der Wind und es zog ein mystischer Rosanebel von Osten auf!? Zitat des Farmers: “...dieses Wunder habe ich auch noch nicht zu Augen bekommen”. Ein Buschmann hatte seinem Vater davon erzählt und sie nennen dieses seltene Ereignis “Nuub” und dieser rosa Schleier kann bis zu 3 Tagen in der Ebene hängen. Ich lege mich mit mulmigem Gefühl nieder doch am Morgen hängt nur noch ein kleiner Schleier am Fuße der Tirasberge. Doch der Wind kommt immernoch aus Osten und das ordentlich! Die ersten 20 Kilometer bekomme ich einen Lift vom Farmer, weil er den Nachbarn sprechen muss. Dann kämpfe ich mich über den kleinen Pass hinauf und biege in die C13 gen Aus ab. Es geht erstmal leicht bergab, doch sind bei diesem Gegenwind nicht mehr als 9 km/h trotz hart pressen am Pedal drin. Plötzlich assimiliert sich der Wind und ich rolle mit 25 km/h dahin!? Wie ich realisiere wo dieser Schub her kommt, greife ich in die Bremsen und halte schützend die Hände vor mein Gesicht. Eine ausgewachsene Windhose mit 10 Meter Durchmesser heißt mich willkommen und beglückt mich mit Kirschkern großem Gesichtspeeling! Nicht nett! Ich beschließe, dass nächst Auto ist meine, egal in welche Richtung! Keine 5 Minuten später überholt mich ein Urlauber 4x4 und ich halte nicht den Daumen raus sondern hebe nur die Hand - Ich melde hiermit "Bitte raus holen!" an.